• Vorname:   
  • Nachname:   

Stammbaum der Familie Leiß

Die Reise unserer Familie durch die Zeit

Elisabeth (1805-1869) und
Catharina Leuss (1808 – 1881)

Die Seenotretterinnen von Langeoog

20 und 23 Jahre alt waren Catharina (genannt Trienke oder Trientje) und Elisabeth als das holländische Frachtschiff „DE VROUW ALIDA“ bei Langeoog in Seenot geriet und sie selbstlos und unter Lebensgefahr die Besatzung retteten.
Bis heute existiert auf Langeoog der Brief einer niederländischen Stiftung namens "Zeemanshoop", in dem Elisabeth und Trienke Leuss für ihre Rettung gedankt wurde. Der Brief aus dem Nachlass von Heinrich Leiß – ein Nachfahre, der seit 1973 Vormann der DGzRS-Station war – befindet sich heute im Schifffahrtsmuseum der Insel.

Was wissen wir über die beiden Schwestern?


Die Schwestern kamen als fünftes und sechstes von sieben Kindern ihrer Eltern Johann Adam Leuss (1775-?), einem Schiffer und Maire (Bürgermeister) auf Langeoog und der Schiffertochter Anna Hedwig Pauls (1770-1841) auf Langeoog zur Welt.
Über die Kindheit der beiden auf Langeoog wissen wir, dass sie sicher auch von Not gekennzeichnet war, denn die Langeooger mussten im Jahr 1825 – Catharina und Elisabeth waren 17 und 20 Jahre alt - eine schwere Sturmflut erleben. Die Februarflut, die Langeoog heimsuchte, zerstörte das erst 1815 erbaute Schulgebäude und durchspülte viele Häuser. Daraufhin folgte eine schwere Notzeit und Langeoog wurde mit Nahrungsmitteln wie Mehl, Grütze, 2 ¾ Tonnen Kartoffeln, 30 Broten usw. beliefert.1

Ausschnitt der Charte vom Fürstenthum Ostfriesland, 1815

Ausschnitt der Charte vom Fürstenthum Ostfriesland, 1815.2


Die Schwestern wussten sicher um die Gefahren, die den Schiffen und ihrer Besatzung auf dem Meer zustoßen konnten. Das Leben an und auf dem Meer war ihnen vertraut. Sicher haben sie seit ihrer frühsten Kindheit Geschichten von Seenotrettungen gehört und sehr wahrscheinlich auch erlebt. Offensichtlich wussten sie, wie man in Seenot geratenen Schiffen zur Hilfe kommen konnte.

Rettung des Schiffes DE VROW ALIDA


Foto einer Tjalk, Schiff

Eine Tjalk

Am 16.8.1828, geriet die einmastige Tjalk DE VROW ALIDA, sicher mit "einer Handvoll von Seeleuten an Bord", in Seenot. „Was genau in jener Sommernacht geschah, wird man wohl nie erfahren. Fest steht jedoch, dass Kapitän Derk Hendriks Klein auf seinem Wattensegler DE VROUW ALIDA Getreide geladen hatte. Das Frachtschiff, in flacher, typischer Bauweise, befand sich auf dem Rückweg vom Kornumschlagplatz Neustadt in Holstein nach Amsterdam. Es ist nicht bekannt, welches Manöver misslang oder welcher Wetterumschwung die Besatzung überrascht haben mag. Man weiß nur, dass die DE VROUW ALIDA vor der Küste von Langeoog in Seenot geriet. Das Segelschiff schlug leck und sank. Elisabeth und Trienke Leiß schafften es, den Seemännern eine Leine durch die Brandung zu bringen, mit dessen Hilfe sie die Besatzung an Land retteten“.3

Am 2. September 1828 berichtete die niederländische Zeitung „Opregte Haarlemsche Courant“ über den Schiffbruch:

Den 16. Augustus is bij Langeroog geheel verongelukt het schip de Frouw Alida, kapt. D.H. Klein, met granen, van Neustad naar Amsterdam, het volk is door eenige vrouwen van dat eiland, (uithoofde de mannelijke bewoners daartoe niet te bewegen waren) met groot levensgevaar aan een touw door de branding gesleept en gered.

Zeitungsartikel von delpher.nl, Schicksal der Vrouw Alida

Zeitungsartikel von delpher.nl

An dem Artikel ist besonders hervorzuheben, dass die männlichen Bewohner scheinbar nicht zu der Rettung zu bewegen waren. Sahen sie keine Chance, die Mannschaft zu retten oder waren die erfahrenen Seemänner alle nicht auf der Insel?

Die Suche nach Hinweisen


„1828: Elisabeth Leiß rettet unter Lebensgefahr Besatzung des holländischen Schiffes ‚De Vrouw Alida‘ und wird dafür von der Amsterdamer Stiftung Zeemanshoop ausgezeichnet.“ Dieser Eintrag hatte jahrzehntelang in einer alten Akte bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zu Rätselraten geführt. Der Journalist Alexander Nortrup hörte vom Gerücht über die Rettung und ging diesem nach. „Die Stiftung Koninklijk College Zeemannshoop existiert bis heute in Amsterdam. Heute bewahrt und unterstützt sie die niederländische Seefahrt und dokumentiert ihre Geschichte. Gegründet wurde sie ursprünglich 1822 als eine Art Lebensversicherung und Rentenverein für Seeleute. Der Journalist kontaktierte den heutigen Bibliothekar der Stiftung, Wim Grund, der sich vage daran erinnerte, von dem Fall gehört zu haben. Sämtliche historische Unterlagen der Stiftung wurden jedoch vor Jahrzehnten dem niederländischen Staatsarchiv übergeben. Die Neugier des Bibliothekars war nun auch entfacht, denn die Stiftung vergab normalerweise Geldgaben nur an Mitglieder. Eine Auszahlung an eine Frau auf Langeoog fand er zu seltsam“ (Hinrichs, 2017).
Wim Grund fand die Originalprotokolle einer Stiftungssitzung vom Oktober 1828, in der man darüber beriet, ob man Elisabeth und Trienke Leuss von Langeoog eine Auszeichnung für ihre Heldentat zukommen lassen sollte. Im Protokoll vom Oktober 1828 ist zu lesen, dass diese „edelmütige Frauentat“ nicht unbelohnt bleiben soll. Die beiden Frauen erhielten von der niederländischen Stiftung ein Dankesschreiben: „...und wird beschlossen, Elizabeth und Trienke Leus, wohnhaft auf der Insel Langeroog, jeder eine Gratifikation in Höhe von 25 Goldstücken zu verleihen… Amsterdam, den 14. October 1828“.

Protokoll der Vorstandssitzung der Stiftung Zeemanshoop

Protokoll der Vorstandssitzung der Stiftung „Zeemanshoop“ (heute Koninklijk College Zeemanshoop), Stadsarchief Amsterdam.

Und dass, obwohl die Havarie an einer ausländischen Küste stattfand und Kapitän Klein nicht Mitglied von Zeemanshoop war. „Offenbar erschien den Verantwortlichen in Amsterdam die Tat aber so außergewöhnlich mutig, dass sie die Belohnung über ihre Statuten hinweg entschieden“, sagt Wim Grund.4
Das Geld war sicher gerne gesehen auf der Insel, denn in dieser Zeit waren einige Familien auf der Insel so arm und hoch verschuldet, dass sie z.B. das Schulgeld nicht aufbringen konnten.5

Das weitere Leben von Elisabeth


Elisabeth heiratete zwei Jahre nach der Rettung, im Jahr 1830, in erster Ehe Ulrich Janssen Tjarks, einen Steuermann und Schiffer, der später als Wirt und Krämer auf Langeoog arbeitete.
Schwere Jahre hatten die beiden vor sich. Im Jahr der Hochzeit herrschte ein strenger Winter und im Jahr 1836 gab es schwere Sturmschäden, die die Häuser auf der Insel zum Einsturz brachten. Am 5. September 1840 erhielt Ulrich Janhsen Tjaarks die „Concession zur Betreibung der Schenkwirthschaft". Zu dieser Zeit existierte keine Schenk- oder Gastwirtschaft mehr auf Langeoog, so dass bei Strandungen keine auswärtigen Personen untergebracht werden konnten.6
Aus dem Jahr 1844 wissen wir, dass es anstatt der vier Pferde nur noch eines auf der Insel gab: „Alle anderen seien krepiert“.7 Der Inselvogt Ueltzen stelle mehrere Tonnen Kartoffeln, Brot usw. zur Verfügung, um „Exzessen“ vorzubeugen und bekam als Ersatz acht Reichsthaler bewilligt.8
Hinzu kam noch ein familiäres Schicksal: Ebenfalls im Jahr 1844 trieb auf "dem Flinthorn" der Insel Langeoog ein Schiff kieloben an, der Mast abgebrochen und die ganze Takelung weggespült. Es war die "ANNA SOPHIA" aus Westeraccumersiel, auf der ihr Cousin Edzard als Kapitän gefahren und wohl auf See geblieben war.

Das Paar bekam in diesen schwierigen Jahren 8 Kinder:

  • Anna Hedwig (1831-1870)
  • Maria Catharina (1834-?)
  • Johanna Amalia (1836-1920)
  • Hermann Janssen (1839-?)
  • Johann Adam (1841-1868), Matrose, starb auf dem Arroyo-Negro, einem Fluss in Uruguay an der Cholera
  • Ede Ulrich (1846-?), Zwilling
  • Wieborg Friederike (1846-?) Zwilling
  • Christina Margaretha (1849-?)
  • Ulrich starb im Jahr 1848, im Alter von 48 Jahren in Westeraccumersiel an einem „Bruchschaden“. Die Geburt seiner Tochter Christina hatte er nicht mehr erlebt.
    Im Alter von 54 Jahren heiratete Elisabeth erneut. Der Helgoländer Bäckermeister Peter Hinrichs (1802-1891) wurde ihr Mann und brachte Kinder aus seinen ersten beiden Ehen mit in die Familie, die in der Hauptstr. 1 auf Langeoog lebte. Hier arbeitete ihr Mann als „Schenkwirt“ und übernahm die Gastwirtschaft mit vier Zimmern, die sich vielleicht auch schon damals „Zum Deutschen Kaiser" nannte.
    Elisabeth starb im Alter von 63 Jahren, am 19.2.1869 auf Langeoog. Ihr zweiter Mann Peter wurde 89 Jahre alt und starb im Jahr 1891 auf Helgoland.

    Das weitere Leben von Catharina


    Die jüngere Schwester Catharina heiratete in erster Ehe den Schiffer Johann Eden Janssen (1805-1839) am 20. Januar 1832 auf Spiekeroog. Sie bekamen folgende Kinder:

  • Anna Christina (1833-1890), heiratete ihren Cousin Frerich Otten Leuß,
  • Johann Adam (1836), lebte nur 5 Tage und starb an „Schwäche“
  • Johann Adam (1837-1924) Steuermann, Schiffer und später Gastwirt auf Spiekeroog
  • Ihr Mann Johann starb im Alter von 34 Jahren auf einer kleinen Klippen-Insel: Christiansø Sogn, Bornholms Amt, Dänemark in Folge einer Leberkrankheit, als er mit der "Kuff Lisbet Catharine“ unterwegs war. Er wurde dort beigesetzt. War das Schiff vielleicht nach den Schwestern benannt worden?
    In zweiter Ehe heiratete Catharina den Schiffer Wilhelm Janssen Willms, am 27. Oktober 1840 auf Spiekeroog und lebte mit ihm in der Straße Nooderloog 5. Das Paar bekam folgende Kinder:

  • Steffen (1841-1875), Steuermann, Ortsvorsteher, Gastwirt und Krämer
  • Johann Eden (1843-1880), Steuermann und Kapitän, Seemannstod bei Borkum
  • Wilhelmine Margarethe (1846) wurde nur 1 Tag alt, Krämpfe
  • Otto Thomas (1849-1869) starb an Scharlach, mit hinzugetretenen Krämpfen
  • Hedwig Sophia (1851-1854) starb mit 3 Jahren an den Masern
  • Wilhelm war der erste Besitzer des 1856 neu erbauten Gasthofs “Zur Linde”, dem ältesten Hotel der Insel. Er verstarb jedoch schon im Alter von 54 Jahren, im Jahr 1872, an einer Lungenentzündung. Catharina wurde 73 Jahren alt und lebte bis zum 1. August 1881 auf Spiekeroog.

    Hotel Linde Spiekeroog 1904

    Hotel Linde Spiekeroog 1905

    Fotos aus den Jahren 1904 und 19059

    Ihr Sohn Steffen wurde ihr Nachfolger, der jedoch im Alter von 34 Jahren verstarb. Seine Frau Gretje heiratete daraufhin seinen Halbbruder, den Witwer Johann Adam Janssen. „Die Erben des Inselvogtes Willms verfügten über das Monopol des Alkoholverkaufs sowie den einzigen Kolonialwarenladen der Insel. Der Gasthof hatte drei Gästezimmer und ein “Conversationslokal”. Das war ein Raum, in dem sich auch die übrigen Gäste der Insel zur Unterhaltung oder zur Einnahme der Mittagsmahlzeiten treffen konnten. … Im August 1878 schwärmte ein Gast über das Spiekerooger Badeleben: ... In anderer Weise kann man sich ebenfalls manche angenehme Stunde verschaffen, nämlich durch Anhörung geistreicher Gespräche unter der schönen Linde vor dem Hotel Willms10.
    33 Jahre nach der Rettung der Besatzung des Schiffs „DE VROUW ALIDA“ durch Trinke und Elisabeth Leuss wurde auf Langeoog eine Rettungsstation errichtet, die es bis heute gibt.



    Direkt zu Elisabeth Leuss im Stammbaum

    Direkt zu Catharina Leuss im Stammbaum

    Quellen:

    1. Tongers, 1975, S. 103
    2. http://kulturerbe.niedersachsen.de/objekt/record_kuniweb_22012/1/
    3. Hinrichs, 2017
    4. Hinrichs, 2017
    5. Tongers, 1975, S. 103
    6. ebd.
    7. ebd.
    8. ebd.
    9. https://www.hotelzurlinde.eu/historisch
    10. Die Seenotretter – DGzRS
    11. Linde, 2023

     

    Elisabeth und Catharina

  • Was wissen wir über die Schwestern?
  • Rettung der DE VROUW ALIDA
  • Suche nach Hinweisen
  • Das weitere Leben von Elisabeth
  • Das weitere Leben von Catharina
  •  



    Quick Links

    Kontakt

    Webmaster-Nachricht

    Ich habe mich bemüht, alle Quellen auf dieser Seite kenntlich zu machen. Wenn Sie Fehler finden oder etwas hinzuzufügen haben, lassen Sie es mich bitte wissen.