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Stammbaum der Familie Leiß

Die Reise unserer Familie durch die Zeit

Otto Gerdes Leuß (1757-1792)

Reise in Richtung Batavia

Otto Gerdes Leuß (uit Landsoog) trat als Matrose in den Dienst der Niederländischen Ostindien-Kompanie, abgekürzt VOC ein, eines der größten Handelsunternehmen des 18. Jahrhunderts.
35 Jahre war er alt und sicher schon ein erfahrener Seemann, als er auf dem Schiff Dordwijk am 22. Januar 1792 unter "Schipper" Arnold Rogge von Rotterdam nach Batavia, der heutigen indonesischen Hauptstadt Jakarta auf Java segelte - dort ist er jedoch nie angekommen.
64 Tage nach seiner Abreise, am 26. März starb Otto Gerdes Leuß, ohne Angabe näherer Gründe, an Bord des Schiffes.

Otto war der erstgeborene Sohn von dem Schiffer Johann Adam Leuß (1731-?) aus Westeraccumersiel und Gretje Rohlfs und kam am 18. April 1757 zur Welt. Nach ihm wurde noch eine Schwester namens Gertjen im Jahr 1759 auf Langeoog geboren. Weitere Geschwister sind nicht bekannt. Es ist auch keine Ehe bekannt, die Otto eingegangen wäre.

Eine Redensart im Deutschland des 18. Jahrhunderts lautete:

„Wer Vater und Mutter thod geschlagen, ist noch zu gut, nach Ostindien zu gehen.“

Wie lässt sich erklären, dass Otto diese lange und gefährliche Reise im Jahr 1792 antrat?
War es das Abenteuer, dass ihn reizte?
Es fällt auf, dass bisher weder die Sterbedaten seines Vaters, seiner Schwester noch seiner Mutter bekannt sind. Verließ die Familie die Insel, oder blieb sein Vater als "Schiffer" mit seiner Frau und Tochter auf See und konnte so nicht in das Sterbebuch der Gemeinde eingetragen werden?
Nahm er diese Arbeit aus Not an, da er keine Aussicht auf eine besser bezahlte Arbeit hatte?

„Aus wirtschaftlicher Sicht war die Arbeit bei der VOC nicht unattraktiv: Soldaten und Matrosen erhielten in der Regel 9 Gulden pro Monat und mussten sich für 5 Jahre verpflichten, zusammen mit einer durchschnittlich 15 Monate dauernden Hin- und Rückreise konnte man sich so 675 Gulden verdienen. Zudem konnten die Bediensteten unabhängig von ihrem Rang einen Schuldbrief im maximalen Wert von 300 Gulden unterschreiben, der übertragbar war und an denjenigen ausbezahlt wurde, der ihn vorweisen konnte. Ein Teil des Lohns wurde zweimal im Jahr ausbezahlt. Beschäftigte, die ihre Familien in Deutschland zurückgelassen hatten, konnten zusätzlich einen Monatsbrief unterschreiben, mit dem maximal drei Monatslöhne pro Jahr auf Verwandte ersten Grades zur Auszahlung übertragen werden konnten; das Geld wurde in den Büros der VOC an die Angehörigen ausgezahlt.“1

Wir wissen, dass Otto zu Beginn seiner Reise Geld benötigte. Er unterschieb einen Schuldbrief der VOC, einen Monatsbrief hatte er nicht.
Einen Tag vor der Abreise machte er bei der VOC noch weitere Schulden. Otto ließ sich eine Vorauszahlung seines Lohns für zwei Monate in Höhe von 18 Gulden als Handgeld (gag op hand) auszahlen und musste 3 Gulden und 15 Stüver für eine Seekiste aufnehmen.
Dann sind in seinem Soldbuch ganze 150 Gulden an einen J.J. aufgeführt "Schuld aan J.J." Hierbei handelt es sich um einen fiktiven Namen, häufig wurde im Soldbuch an dieser Stelle J. Jansz oder N.N. eingetragen. Dabei handelt es sich um Schulden bei einem sogenannten „Seelenverkäufer“ (Zeelverkooper), meist ein Wirt, der während der Wartezeit auf günstigen Wind Unterkunft und Verpflegung anbot und dafür beim Notar eine hohe Zahlung per amtlicher Urkunde (Ceel genannt) erzwingen konnte.2
Insgesamt hatte Otto nun vor der Abreise 171 Gulden und 15 Stuiver (Stüber) Schulden. Nur um den „Seelenverkäufer“ und die Seekiste zu bezahlen, hätte er unglaubliche 17 Monate an Bord arbeiten müssen, hinzu wären 2 Monate unbezahlte Arbeit gekommen, da er das Gehalt schon zu Beginn der Reise ausbezahlt bekommen hatte.

Soldbuch Otto Leuss, Niederländische Ostindien-Kompanie

Soldbuch Otto Leuss, Niederländische Ostindien-Kompanie

Auf der linken Seite des Soldbuchs wurden die Schulden des Bediensteten aufgezeichnet, auf der rechten Seite seine Einnahmen3.

Seine Reise, die seine letzte wurde, trat er mit einem Schiff vom Typ "hoeker" an. Die „Dordwijk“ war 137 „voet“ lang und hatte ein Ladevermögen von „400 last (800 ton)“ und wurde auf einer Werft in Rotterdam gebaut. Das Schiff war für die VOC von 1787 bis 1795 in Gebrauch („door de Engelsen bij St. Helena genomen“).
Ein Matrose hatte an Bord folgende Aufgaben: "waak- en roergang", Laden und Entladen, Reinigen, Teeren und Abdichten des Schiffes, Abheben und Aufsetzen der Segel sowie die Unterstützung der Offiziere.

Das Ziel der Reise war Batavia, der zentrale Handelsort der Region, an dem Waren wie Gewürze, Textilien, Seide, Kaffee oder Metallwaren gesammelt wurden und einmal im Jahr nach Europa transportiert wurden.

Batavia um 1780

Batavia um 1780.4

„In den knapp 200 Jahren ihrer Existenz fuhren nach Schätzungen knapp eine Million Menschen in den Diensten der VOC nach Asien. Von diesen Bediensteten kehrte nach weiteren Berechnungen nur etwa jeder Dritte zurück. Viele starben während der achtmonatigen Überfahrt nach Batavia an Skorbut oder danach während ihres Aufenthalts in Südostasien an tropischen Krankheiten. Die hygienischen Bedingungen auf den Schiffen waren nach heutigen Vorstellungen katastrophal. Auf den nur etwa 50 Meter langen Schiffen waren 250 Männer zusammengepfercht, von denen die Soldaten nur zweimal am Tag jeweils für eine halbe Stunde ans Oberdeck durften, um frische Luft zu schnappen. Viele überlebende Deutsche veröffentlichten Reiseberichte, in denen sie die Entbehrungen ihrer „Tropenjahre“, aber auch den Reiz der exotischen Welt schilderten. Dadurch geriet die VOC auf Dauer dermaßen in Verruf, dass die Direktoren der Kompanie allen Bediensteten befahlen, etwaige Reisetagebücher nach der Ankunft bei ihnen abzuliefern.“
Woran Otto, 64 Tage nach seiner Abreise starb, ist nicht bekannt.
Das Schiff setze seinen Weg fort und kam am Samstag, den 30. Juni, 160 Tage nach der Abreise auf dem Kap der Guten Hoffnung an und segelte am Samstag, 21. Juli, 21 Tage nach der Ankunft am Kap weiter. Am Sonntag, 23. September, 245 Tage nach der Abreise aus den Niederlanden legte es in Batavia an.


Direkt zu Otto Gerdes Leuss im Stammbaum

Quellen:

  1. https://tng.rolandgen.de/documents/Hungerige.pdf
  2. https://docplayer.org/166891700-Moritz-hungerige-aus-feldrom-mit-der-vereinigten-ostindischen-compagnie-voc-nach-batavia-1792-93.html
  3. https://www.openarch.nl
  4. https://en.wikipedia.org/wiki/Batavia,_Dutch_East_Indies

 

 



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