Die Reise unserer Familie durch die Zeit
Vermutlich ein Wrack aus der Zeit Anfang des 19. Jahrhunderts, das im Osten der Insel liegt. Quelle: https://magazin.norderney-zs.de/news/tourismus/schiffswrack-langeoog/ Klaus Kremer, Langeoog
Grundsätzlich gehörten gestrandete Schiffe denjenigen an dessen Strand sie blieben. Nach und nach entwickelte man im Laufe der Zeit aus den bisherigen Erfahrungen so etwas wie ein allgemein gültiges Strandrecht. Auch in Ostfriesland erließen die Fürsten „Ordinantzen“, die sie ihren Beamten wie Vögten an die Hand gaben.
Die älteste Strandordnung oder „Rolle" aus dem Jahre 1574, die unter der Regierung der Grafen Edzard II. und Johann II. für Borkum erlassen wurde, wurde auch für alle übrigen ostfriesischen Inseln maßgebend. Erst im Jahre 1636 erließ Fürst Ulrich II. eine Strandordnung für Langeoog (und Spiekeroog), die eine frühere Ordinantz ablöste.
Der folgende Text wurde dem Buch von Johann Tongers "Unser Langeoog wie es wurde" Seite 61-65 entnommen.
Des Hochwohlgeborenen Grafen und Herren Ulrichen, Grafen und Herren zu Ostfriesland und Herren zu Esens, Stedesdorf und Wittmund, unseres gnädigen Herren
wie es forthin auf Ihr. Gnd. Eiland Langeoog in einem und anderem gehalten werden soll.
1. Erstlich setzen, ordnen und wollen Ihr. Gnd., daß alle Einwohner des Eilands Langeoog dem Vogt in allen billigen Sachen, so seines Amtes sein, oder von Ihr. Gnd. und dero nachgesetzten Drosten und Amtmann des Hauses Esens ihm anbefohlen werden mag, gebührlich respektieren und Gehör geben, bei Vermeidung Ihr. Gnd. Höchster Ungnad.
2. Die gemeinen Sachen und Werke (Pflichtdienste, Hand- und Spanndienste) belangend, sollen die sämtlichen Bauern den Vogt nicht beschweren, sondern derselbe gänzlich liberieret und befreiet sein.
3. Sol sich niemand auf Ihr. Gnd. Eiland Langeoog häuslich niederlassen, er habe sich denn zuvor bei Ihr. Gnd. angegeben, gebührlich Schein seines Wohlverhaltens vorgezeiget und darüber Consens erhalten, da aber einer oder mehr hiewider handeln würden, soll der Vogt sie davon abweisen, oder im Weigerungsfalle gefänglich einziehen, davon Bericht einschicken und Ihr. Gnd. Verordnung ferner gewärtig sein.
4. Damit auch die Strande frei und unberaubet sein und bleiben mögen, so soll sich niemand verkühnen, den Strand allein zu visitieren oder sich darauf finden zu lassen, ohne allein den Vogt mit denen, so er zu sich nehmen wird. Inmaßen er soll gehalten sein, so oft er den Strand betreten will, zwei der ältesten Hausleute zu sich zu fordern, und was von angetriebenen Gütern gefunden, in ihrer Präsenz verzeichnen und hernach, wie vor diesem geschehen, in gute Verwahrung nehmen und alsbald an Ihr. Gnd. Haus Esens berichten und fernerer Verordnung gewärtig sein; würde aber einer oder mehr hierwider handeln, der oder dieselben sollen zum ersten Male in 10 Goldguiden verfallen sein, hernach aber gefänglich angenommen und nach Esens geschickt werden.
5. Es soll auch niemand, es seien Einwohner des Eilands oder Fremde, sich unterstehen, mit geladenen Rohren (Gewehr) auf dem Eiland zu gehen eins oder anderes damit zu schießen, bei Verlust der Rohre und Ihr Gnd. Ungnad und Arbitral-Strafe.
6. Diejenigen, welche Schiffe haben und führen, sollen nicht mehr als ein Alt-Bauern-Part nach alter Gewohnheit aus den gestrandeten Gütern soviel ihnen davon zu ihrem Anteile gebühret, dafür empfangen und genießen.
7. Es soll in ein Haus nicht mehr als ein Part gehen, es wäre denn, daß zwei Parteien in einem Hause wohneten, so soll ein jeder sein Part (Anteil) zu genießen haben.
8. Alle Einwohner aus Langeoog sollen in den Gütern, so an dem Fußstrand zu Langeoog stranden, gleich sein und ein jeder eben viel empfangen: Poena* = 10 Goldgulden.
9. Wenn einige Schiffe stranden, sollen alle Einwohner, so zur selben Zeit einheimisch und zu Hause sind, sobald ihnen solches vom Vogt angemeldet wird, schuldig und gehalten sein, Kaufmanns Gut zu bergen und sich in keiner Weise irren, hindern oder abhalten lassen, bei Poena - 20 Goldgulden.
10. Es sollen aber die Einwohner aus Langeoog, so Schiffe führen, sich nicht erkühnen oder erlisten lassen, einige Kaufmannsgüter, die sein klein oder groß, aus den gebliebenen (gestrandeten) Schiffen einzuladen, es sei denn, daß es zuvor richtig verzeichnet und ihm vom Vogt solches zu tun anbefohlen. Poena einem jedweden: 20 Goldgulden oder Ihr. Gnd. Arbitral-Peinliche Strafe.
11. Auch soll niemand einige gestrandete Güter, wie die immer Namen haben mögen, unterschlagen oder heimlich wegbringen und in seinem Nutzen verwenden, sondern dieselben zu jeder Zeit richtig angeben, verzeichnen lassen und redlich dabei handeln; Poena: jedem 20 Goldgulden oder Ihr. Gnd. Arbitral-Peinliche Strafe*.
12. Alle Einwohner sollen ihrer Ordnung nach sowohl mit Wagenfracht als auch die Neubauern, die Güter aus den Wagen zu tragen, bringen und „böhren" (heben), sich nach wie vor in allen Punkten fleißig und willig zeigen und nicht ablassen, bis alles der Möglichkeit nach zurecht und in salvo gebracht (geborgen), Poena: jedem 5 Goldgulden.
13. Der Vogt soll von Anfang bis zum Ende bei der Bergung verbleiben und mit allem Fleiß zusehen und gute Ordnung geben, daß alle geborgenen und von ihm in specie ausgezeichneten Güter wohl verwahret und an den dafür verordneten Ort und nirgends anders gebracht werden.
14. Zu dem Ende, und damit die Einwohner desto fleißiger sein mögen, soll hiermit und in Kraft dieses verboten sein, daß keine fremden Schiffer oder ander Volk zur Berg- oder Abführung gestrandeter Güter gebrauchet, sondern solches allein den Einwohnern zu tun gebühren soll, es wäre denn, daß Ihr. Gnd. hierin ein anderes verordnet oder sonsten abgehandelt worden, bei Verlust seines Dienstes und sonst bei einer Arbitral-Peinlichen Strafe.
15. Wenn die Bauern ihren Teil der gestrandeten Güter, so ihnen anstatt des Bergegeldes gebühret oder von Ihr. Gnd. zugefunden werden mag, empfangen, sollen sie denselben eher nicht an andere oder Fremde zu verkaufen bemächtigt sein, sie haben denn zuvor Ihr. Gnd. denselben um ein Billiges zum Kaufe anpräsentiret und davon Bescheid bekommen, Poena einem jeglichen = 10 Goldgulden.
16. Als auch hierbevor gewisse Ordnung gemacht, wieviel ein jeder Pferde, Kühe und Beeste (junge Kühe) halten soll und Ihr. Gnd. davon bezahlen soll, so lassen es Ihr. Gnd. dabei soferne bewenden, dass diejenigen, so mehr Pferde, als ihnen in der 1574 ausgerichteten Ordnung zugelassen, halten wollen, Ihr. Gnd. dafür jährlichs zwei Reichsthaler zu geben, oder dieselben gänzlich abzuschaffen gehalten sein sollen.
17. Alle Einwohner zu Langeoog sollen dem alten Gebrauch und Herkommen gemäß ihre Kühe auf gewöhnlicher Melkstätte („Melkhörn") melken lassen und dabei bedacht sein, daß die Dünen so gar ungebührlich und jämmerlich nicht zertreten, sondern in Ehe erhalten werden und die Hirten die Kühe desto bequemer und füglich weiden können, Poena: 20 Goldgulden.
18. Damit auch das Wild und die Caninen nicht gänzlich verderben, und ausgetilget, sondern viel mehr fortgepflanzet werden, so soll sich jeder des Jagens und Fangens der Caninen bei Tag und Nacht oder auf Weise und Maß, wie solches gedacht werden möchte, gänzlich enthalten, bei Strafe jedem 10 Goldgulden oder Ihr. Gnd. Arbitralstrafe.
19. Zu dem Ende soll sich niemand erkühnen, einige Hunde zu halten, sondern dieselben alsbald nach Publicatio dieses abzuschaffen, bei Strafe: 10 Goldgulden.
20. Wer Katzen halten will, soll denselben die Ohren glatt beim Kopfe wegschneiden oder sie ganz abschaffen, Poena 10 Goldgulden.
21. Als die Erfahrung beibringt, daß die alten Bauern sich unterstehen Ihr. Gnd. Lande ohne einigen vorher erlangten Consens ganz oder zum Teil an andere zu verhandeln, so bleibt Ihr. Gnd. Hoch- uns Gerechtigkeit wider diejenigen, so solches bisher getan, zwar vorbehalten, es soll aber keiner dergleichen zu prakticieren sich unterstehen, bei Verlust des Landes.
22. Weil auch durch vielfältig und überflüssig Abmähen des Helmes das Eiland merklich verdorben wird, so ordnen Ihr. Gnd., setzen, und wollen, daß forthin sich jedermann solches Abmähens gänzlich und bei Vermeidung Ihr. Gnd. Ungnade enthalten und der Vogt hierauf eine besonders fleißige Aufsicht haben und die Verbrecher jeder Zeit angeben soll, damit dieselben zu Gebühr unter Strafe gezogen werden.
23. Weil Ihr. Gnd. auch verspüren, daß bei gemeinen Werken und sonderlich, wann gestrandete Güter salviert werden sollen, sich die meisten Bauern, sonderlich diejenigen, welche am wenigsten Hand anlegen oder arbeiten, in den Krug verfügen, auf das Bergegeld ihres Gefallens trinken und zehren, welches hernach der fleißige Arbeiter, der davon nicht genossen, mit bezahlen muß, und aber solches unbillig – so wollen Ihr. Gnd. alle solche ungebührliche Zehrungskosten gänzlich abgeschafft und verboten und dagegen den gemeinen Bauern vergönnet haben, alle Jahre zwei ihres Mittels zu erwählen, welche in diesem und dergleichen Fall, das gemeine Werk belangend, unter ihnen die Aufsicht haben, und mit Zuziehung des Vogts, so davon Rechnung halten soll, wann und wieviel nach getaner Arbeit getrunken werden soll und wer ohne denselben Consens etwas zapfen lassen wird, der mag es aus dem Seinigen bezahlen.
24. Es wird auch dem Vogt, wie zugleich allen Einwohnern des Eilands hiermit expreßlich und bei Poena 20 Goldgulden und Vermeidung Ihr. Gnd. ernstlichen Ungnad verboten, durchaus keinen Helm weder zu mähen noch abzuschneiden, damit der Helm sich desto besser besame und fortkommen möge.
25. Diesen obgeschriebenen Articuln sollen alle Einwohner des Eilandes Langeoog, denselben allen und jedem besonderen, alles ihres Inhalts nachsetzen, so lieb den Übertretern ist, darein angesetzte Strafe und Brüche zu vermeiden, worauf dann der Vogt ein wachendes Auge haben und so jemand betreten würde, demselben ohne einige Connivention an Ihr. Gnd. Amtshaus zu gebührender Strafe angeben, auch alle zu Landrecht gehörenden Sachen, von Injurien, Schelten, Schlagen, Gewalttaten und dergleichen jeder Zeit fleißig verzeichnen und davon alle Wochen dem Amtsgericht ein richtig Register einliefern bei Vermeidung Ihr. Gnd. Ungnad; jedoch bleibt deroselben reserviret, diese Articul zu jeder Zeit zu verändern, mindern oder mehren, nach begebender Gelegenheit und Befindung der Sachen, Beschaffenheit.
Urkundlich Ihr. Gnd. eigenhändt Subscription und aufgetrücktes Cantzley Secret, Signum auff dero Hauß Aurich, d. 26. May 1636. gez. Ulrich (aufgeklebtes Siegel)".
* Poena = Strafe
* Peinliche Strafe = öffentliche, mit körperlichen Schmerzen verbundene Strafe
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